RATGEBER INTERNETKRIMINALITÄT

Generic selectors
Exact matches only
Search in title
Search in content
Post Type Selectors
Search in posts
Search in pages

Betrug mit gefälschten Anlageseiten zu Kryptowerten wie Bitcoin dauert weiterhin an.

Kryptowerte wie Bitcoin sind seit Jahren ein Gesprächsthema in der Finanzwelt. Schnelles Geld mit wenig Aufwand versprechen auch Cyberkriminelle, die ständig ihre Köder auswerfen und auf neue Opfer warten.

Dafür versenden die Täter täglich massenhaft Spammails oder schalten auf Internetseiten Werbeanzeigen. Wer den Link klickt, landet vielleicht schon in der Falle der Täter.
Prominente Gesichter, die einem täglich im Fernsehen begegnen, werben scheinbar für diese besondere Geldanlage, die ihnen angeblich zu zusätzlichem Reichtum verholfen hätte.

Wer jetzt dieser frei erfundenen Geschichte glaubt, die Links anklickt und Geld investiert, hat bereits verloren.
In der Vergangenheit haben wir hier im Ratgeber immer wieder vor dieser Masche gewarnt und möchten dies heute erneut machen, da die Masche immer sehr erfolgreich für die Täter funktioniert.

Hier möchten wir Ihnen die gängige Masche erklären, die in der Bankenwelt übrigens „Boiler Room Scam“ oder „Boiler Room Fraud“ genannt wird. Dabei steht der „Boiler Room“ für Händler-Saal. Es gibt dabei je nach Täterstruktur auch unterschiedliche Varianten und Fortführungen in der Tatbegehung, die wir später auch noch kurz erwähnen.

 

Was bereiten die Täter vor?

Die Täter erstellen diverse Seiten im Netz, bei denen sich Personen, die schnell viel Geld verdienen wollen, anmelden sollen. Für die Gestaltung der Webseite werden zahlreiche Gesichter und Namen von Prominenten Personen, TV-Sendern und Sendungen, Zeitschriften usw. missbräuchlich verwendet. Die gezeigten Promis sind in der Regel den Besuchern gut bekannt und haben in der Regel ein positives Image, verfügen ggf. über entsprechendes Wissen in der Finanzwelt und/oder sind als wohlhabend bekannt. Die Täter scheuen auch nicht davor, Logos, Werbung, Screenshots anderer Anbieter zu missbräuchlich zu verwenden.
Ein aktuellen Screeshot einer Seite haben wir hier beigefügt. Hier wird z.B. die Newsseite von „SPIEGEL Netzwelt“ vorgegaukelt. Weiterhin wird Werbung von Tchibo und Henkel gezeigt. Dann verwenden die Täter hier Screenshots aus der NDR Talkshow mit Barbara Schöneberger und Günther Jauch, die angeblich zeigen, wie Günther Jauch über die Platform Bitcoin Bank Breaker berichtet und Barbara Schöneberger dies prüft und selbst ein Konto anlegt.
Dies ist natürlich alles Fake. Die Inhalte der Talkshow waren eine komplett andere. Wer zudem den Link der Webseite betrachtet, erkennt recht schnell, dass es sich nicht um die originale News-Seite handelt.

Screeshots einer gefälschten Newsseite:

Betrügerische Webseite für Bitcoinanlage

Betrügerische Webseite für Bitcoinanlage
Betrügerische Webseite für Bitcoinanlage

 

Weitere typische Beispiele von Personen, Sendungen und Zeitungen, deren Namen/Bilder missbraucht werden:
Klaas Heufer-Umlauf, Oliver Welke, Robert Geiss, Helge Schneider, Helene Fischer, Ina Müller, Dieter Bohlen, Frank Thelen, Markus Lanz, Til Schweiger, Carsten Maschmeyer, Sarah Wagenknecht, Dieter Hallervorden usw.
ZDF, RTL, VOX, ProSieben, Ard one, Bild, TAZ usw.
Die Höhle der Löwen, Late Night Berlin usw.
Die Täter ergänzen diese frei erfundenden Berichte mit zusätzlichen gefälschten Erklärungen, Bewertungen, Socialmedia-Beiträge und Bilder von glücklichen Menschen, die scheinbar in kurzer Zeit bereits viel Geld mit dieser Geldanlage verdient haben.

(Wichtig: Die hier genannten Namen/Firmen/Sendungen/Zeitungen haben nichts mit der Masche zu tun! Die Bilder, Logos, Namen usw. werden missbräuchlich auf den Webseiten verwendet. Interviews und Zeitungsartikel sind von den Tätern frei erfunden)

Mit Sätzen wie „Grossbanken wollen nicht, dass jemand von dieser geheimen Gelddruckmaschine erfährt“, „Höhle der Löwen System macht deutsche Bürger reich! Sendung darf nicht ausgestrahlt werden, der Sender ist stinksauer“ oder „Die Deutsche Bundesbank verklagt Günther Jauch erneut wegen seiner Äußerungen bei NDR Talk Show live! Ein Skandal, der ganz Deutschland erschütterte!“ wird plakativ geworben und das Opfer gelockt. Auch Begriffe wie KI oder AI (für Künstliche Intelligenz) werden gerne verwendet. Dabei wird u.a. behauptet, dass KI diese Anlagen ideal berechnen und vorhersagen kann.

Es folgen zudem ausführliche bebilderte Hintergrundgeschichten, wie die dargstellten Promis über diese Möglichkeit angeblich berichten und angeblich reich wurden.
Zusätzlich werden noch zahlreiche Kommentare mit Personenbildern im Socialmedia-Stil auf der Seite platziert. Die Kommentare zeigen angeblich Zustimmung zu dem System und berichten über den Erfolg. Die Profile und Namen sind erfunden und mit beliebigen Bildern von Personen aus dem Internet versehen. Wer hier eine Bilder-Rückwärtssuche anwendet, findet in der Regel auch andere Seiten, wo die gleichen Fotos mit anderen Namen verwendet werden.

Einige Seiten werden mit dem Logo und Design (in Teilen) von z.B. der Bild-Zeitung, der ZDF-Mediathek oder wie in unserem Beispiel der Seite von Spiegel Netzwelt versehen. Der Besucher der gefälschten Webseite erhält den Eindruck, als wäre er auf der echten Webseite. Angebliche Links oder Newsbeiträge. wie sie auch auf echten Seiten zu finden sind, führen aber nicht zu den echten Seiten. Oft sind diese lediglich Bilder ohne Funktion oder sie führen nur wieder zur identischen Webseite.

Immer wieder berichten inzwischen auch die echten Medien von dieser Masche. Auch Prominente, dessen Namen von den Tätern missbraucht werden, melden sich in Interviews zu Wort. In diesem Beitrag der Sendung Brisant aus der ARD aus dem Dezember 2024 wird die Masche nochmals dargestellt. Dort berichtet u.a. Dieter Hallervorden, dass die Täter seinen Namen einfach so missbrauchen und er niemals eine solche Geldanlage genutzt hätte oder bewerben würde.

Inzwischen haben wir auch gefälschte Video-Beiträge, die mittels KI manipuliert wurden (sogenannte Deepfake-Videos). Hier werden dann Original-Interviews zu einer komplett anderen Sache verändert. Dabei wird die Stimme der Person künstlich nachgeneriert und mit dem Text der Täter versehen. Dies wird dann lippensynchron als neues/verändertes Video erstellt. Das Video hinterlässt nun den Eindruck, die prominente Person hätte diese Aussage bezüglich der Geldanlage tatsächlich getätigt. Unsichere Personen schenken im schlimmsten Fall dieser Videobotschaft mehr Glauben als einer einfachen Webseite.

 

Wie funktioniert die Masche?

Die potentiellen Opfer, die der Masche glauben, klicken auf die Links und richten nun einen Account bei den Trading-Seiten der Täter ein. Für eine erste Anmeldung reichen Name, Mailadresse und Telefonnummer. Später werden zudem persönliche Daten (Namen, Anschrift, Mailkontakt, Bankverbindung) aber auch sensible Dokumente (Scan von Personalausweis, Selfie mit Ausweis in der Hand usw.) eingefordert. Diese Daten können (und werden sehr wahrscheinlich auch) zukünftig von den Tätern für andere Straftaten missbräuchlich weiterverwendet werden.

Oft findet ein „persönlicher“ Kontakt zu dem Krypto-Berater (Täter) statt. Dies kann per Mail, Chat, Messenger oder auch per Telefon sein. Hier wird genau angeleitet, wie die einzahlende Person vorzugehen hat. In persönlichen Gesprächen wird dem Opfer die Masche erneut ans Herz gelegt. Die Täter versuchen mit verschiedenen Techniken ein Vertrauen aufzubauen, so dass das Opfer schneller bereit ist, Gelder einzuzahlen. Zeitgleich werden auch persönliche finanzielle Informationen entlockt. Die Täter erkennen hier schnell, wo sich dann der Betrug richtig lohnt und handeln entsprechend. Die Täter gehen speziell auf die Opfer ein. Dabei wird genau auf die Lebenssituation, den Beruf und Bildungsstand der Opfer geachtet, so dass dieses Vertrauensverhältnis deutlich gefestigt wird.

Für den ersten Deal muss ein gewisses Grundkapital vorab überwiesen werden. Dies ist in der Regel noch ein kleiner Betrag (z.B. 250 Euro). Das Geld soll auf ein von den Tätern genanntes Konto überwiesen werden. Hier zeigte sich in der letzten Zeit sogar, dass die Täter deutsche Kontoverbindungen angeben, die u.a. von echten Hilfsorganisationen stammen, die jedoch nichts mit der Sache zu tun haben. Bei der Hilfsorganisation wird beim Geldeingang vermutet, dass sich um den Eingang von regulären Geldspenden handelt. Erst später, wenn ein solcher Betrag von den Opfern zurückgefordert wird bzw. die Ermittlungen zu den Konten führen, fällt auch dort die Masche auf.
Da es sich um eine deutsche Kontoverbindung handelt, haben die Opfer keine großen Bedenken. Zudem ist die Summe ja noch gering. Auffallen würde dies lediglich, wenn nach den Kontodaten im Netz gesucht wird. Hinterfragt man dieses beim „Berater“ so zerschlägt dieser diese Bedenken, mit Ausreden wie „Man würde mit den Organisationen offiziell zusammenarbeiten“.

Der Journalist und bekannte Youtuber Marvin Wildhage hat hierzu auch eine zweiteilige Berichterstattung u.a. auf Youtube veröffentlicht:

Teil 1: https://youtu.be/Q66V5tT8JzI  und Teil 2: https://youtu.be/rAMrZFFGqLk

Im weiteren Verlauf suggerieren die Täter im Loginbereich der angeblichen Kryptoseite/ggf. auch per Mails und Anruf, dass sich das Geld bereits innerhalb kurzer Zeit deutlich vermehrt hätte. So werden auf der Webseite gefälschte Kontoauszüge aus dem System gezeigt. So wird das Opfer immer wieder gelockt und in Versuchung geführt, höhere Geldsummen zu überweisen.

Man könne nun z.B. weiteres Geld investieren oder sich den verdienten Betrag auszahlen lassen. Dafür müsse man jedoch eine Gebühr überweisen.

Vereinzelt berichten uns Personen, dass Sie das Anfangskaptial sogar zurückerhalten hätten. Durch die erste Rückzahlung  durch die Täter wird ein Vertrauen aufgebaut. Das potentielle Opfer ist danach möglicherweise eher bereit höhrere Summen (z.B. 10% des Gewinnes z.B. 28.000 Euro) zu überweisen. Was sind schon 2.800€ wenn man später 28.000€ dafür bekommt?

Hinzu kommt zeitlicher Druck. Dieser wird bereits vor der Anmeldung auf der Webseite suggeriert. Angeblich sind nur noch wenige Plätze frei. Es wird in einer Art Live-Ticker gezeigt, welche anderen Nutzer aktuell viel Geld verdient haben.

Leider gewinnen hier nur die Täter! Das Geld ist in der Regel weg.

Eine typische Betrugswebseite (Stand Januar 2025) sieht folgendermaßen aus:

Betrügerischer Webseite für Bitcoinanlage
Betrügerische Webseite für Bitcoinanlage

 

Welche Varianten gibt es?

Wir erhalten immer wieder Kenntnis von Geschädigten, die auch dazu gedrängt worden seien, spezielle Kredite aufzunehmen oder Versicherungen abzuschließen. Sogar der Zugriff auf das Onlinebanking wurde eingefordert., bei dem später statt mehrerer Einzahlungen das eigene Konto leer gemacht wurde.
Ebenso geben sich die Täter als neue und hilfsbereite Finanzdienstleister aus. Diese hätten durch z.B. polizeiliche Ermittlungen, Presseberichte usw. von der finanziellen Notlage des Opfers erfahren. Man kenne die kriminellen Machenschaften der gefälschten Täterwebseite und bietet nun Hilfe an. Gemeinsm mit dem Opfer möchte man nun auf seriöse Weise das Geld zurückgewinnen. Dafür müsse man jedoch wieder Geld investieren. Wer dieser Aufforderung nachkommt, verliert erneut sein Geld an die gleichen Täter.

Sogar eine Rückmeldung als Polizei sei erfolgt. Die Täter geben sich als ermittelnde Polizei aus (dies kann auch mehrere Monate später stattfinden) und nennen konkrete Beträge, die das Opfer eindeutig zuordnen kann. Die „Polizei“ verspricht eine Rücküberweisung des angeblich inzwischen sichergestellten Geldes. Jedoch müsse der Geschädigte entsprechende Verwaltungsgebühren vorab überweisen. Schuld daran seien beispielsweise ausländische Geldtransferleistungen.

Immer wieder gestalten die Täter auch zusätzliche Webseiten, die sich zum Beispiel als Finanztests oder Bewertungsseiten ausgeben. Schließlich möchte sich der Verbraucher vorweg über seriöse Webseiten informieren. Hierbei behaupten die Täter dann, dass die andere Webseite als Anlageseite sehr gut geeignet sei.

 

Wie hoch ist der Schaden?

Für Niedersachsen können wir offiziell keine Fallzahlen nennen, da diese so nicht in der PKS (Polizeiliche Kriminalstatistik) gesondert erfasst und veröffentlicht werden. Wir können hier lediglich Tendenzen aus der Eingangsstatistik nennen. Im Vergleich von 2023 zu 2024 haben sich die Zahlen fast verdoppelt.

2022 – Taten:mittleren dreistelligen Bereich, Schaden unterer zweistelliger Millionenbereich

2023 – Taten: mittlerer/höherer dreistelliger Bereich, Schaden: ähnlich wie 2022 unterer zweistelliger Millionenbereich

2024 – Taten: unterer vierstelliger Bereich, Schaden: unterer/mittlerer zweistelliger Millionenbereich

 

Wie kann ich mich vor dieser Masche schützen?

  • Klicken Sie nicht auf Werbebanner oder Spammails, die Ihnen großes Geld versprechen.
  • Hinterfragen Sie angebliche Aussagen von Prominenten.
  • Prüfen Sie die gezeigten Webseiten auf Echtheit (z.B. die angebliche Newsseite).
  • Übermitteln Sie kein Geld! Auch dann nicht, wenn angeblich nur so Geld zurückgeholt werden kann.
  • Lassen Sie sich nicht von angeblichen und Ihnen unbekannten Bankmitarbeitern/Finanzberatern per Chat oder Telefon zu einer solchen Anlage verleiten. Lassen Sie sich lieber bei Ihrer Hausbank zu dieser Angelegenheit beraten. Nutzen Sie offizielle und seriöse Finanzberichte, Zeitschriften usw. zu Ihrer Information.
  • Übermitteln Sie niemals sensible Daten (Ausweiskopien, Adressdaten, Bankdaten) an unbekannte Personen.
  • Geben Sie keine Zugangsdaten zu Onlinebanking heraus! Seien Sie vorsichtig, wenn Sie etwas (z.B. angebliche Einzahlungen auf Ihr Konto, Kontoverknüpfungen usw.) durch eine PIN/TAN bestätigen sollen. Informieren Sie notfalls sofort Ihre Bank!
  • Sollten diese Werbemails nicht in Ihrem Spamordner landen, so markieren Sie diese aktiv als Spam, um die Filter weiter anzulernen. Klicken Sie auf keine Abmeldelinks in solchen Mails. Dadurch geben Sie den Versendern aktiv ein Rückmeldung und weitere Spammails werden folgen.
  • Informieren Sie Freunde/Familie über diese Gefahren. Hören Sie aktiv hin, wenn innerhalb der Familie über solche Finanzanlagen gesprochen wird und halten Sie die Person davon ab. Achten Sie auf entsprechende Gesprächsnotizen in Ihrem familiären Umfeld.

Was kann ich tun, wenn ich hereingefallen bin?

Wir raten jedem Geschädigten zur Anzeigenerstattung bei der örtlichen Polizeidienststelle! Bringen Sie dazu sämtliche Unterlagen mit, die Ihnen zur Verfügung stehen. Das können Kontoauszüge, Screenshots, Mailverkehr, Chatverläufe, Anrufprotokolle, Notizzettel… sein. Behalten Sie die Mails im Original, damit Sie diese ggf. zur weiteren Untersuchung nachreichen können.
Im Idealfall empfehlen wir die Anzeigenerstattung auf einer Polizeidienststelle vor Ort, da dort der Sachverhalt chronologisch und unter Vorlage sämtlicher Unterlagen aufgenommen werden kann.

Weitere Informationen zu dieser Masche finden Sie auch im Podcast der Polizei Niedersachsen. Hier klärt Kriminalhauptkommissar Mario Krause von der Polizeidirektion Braunschweig in Folge 39 über die Masche auf.

Scroll to top